Weltkarte der Kulturen
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[ulluriaq] – Stern – Inuit

„Wir sind verbunden mit der Natur, den Tieren und den Sternen.“

Cynthia Pitsiulak, Inuit-Kehlkopfsängerin

Inuit – Wolf + Rentier

Als „Inuit“ (‚Menschen‘) bezeichnen sich vor allem die von Grönland entlang der kanadischen Küsten lebenden indigenen Volksgruppen. Die Bezeichnung „Eskimo“ hinwieder ist in Alaska und jenseits der Beringstraße gebräuchlich.

Da es in der Arktis nachts während des Sommers einige Monate des Jahres taghell bleibt und auch im Winter die atmosphärischen Bedingungen oft nicht die besten sind, fokussierte man sich auf wenige Sternbilder, die dann als Zeitmarkierungen und existentielle Sinnbilder dienen. Dass einem Stern mancherorts die Größe einer Sattelrobbe (etwa 1,80 m) zugemessen wird, hängt auch mit den Licht- und Kontrastverhältnissen in Schnee und Eis zusammen, durch die der Himmel – wie die Legenden wiederholt erzählen – zum Greifen nahe scheint.

In einigen Regionen hält man die Sterne dagegen für „kleine Löcher im Boden der oberen Welt, die funkeln, weil der Wind bläst“. In anderen Gegenden sieht man am Himmel hinwieder die Geister der Verstorbenen. Die Sterne sind ihre Augen und ihr Funkeln „rührt vom Zwinkern ihres Augenlids“. Anderswo wiederum stellen die Sterne Glutfunken jener zu verlöschen drohenden Fackel dar, mit der der Mond seine Schwester, die Sonne, inzestuös verfolgt.

Die Beobachtung der Gestirne beschränkt sich bei den Eskimo auf Sonne, Mond, Venus, fünf Sternbilder und sechzehn einzelne Sterne. Denn mit Ausnahme des in Ursa Maior gesehenen Rentiers und des Wolfs in Bootes, der Corona Borealis und Serpens Carput sind es einzelne Sterne, die Tiere und Menschen verkörpern – gemäß dem Glauben, dass alle Sterne einst sterbliche irdische Wesen waren, die nun in der Oberen Welt unsterblich geworden sind.

Unbelebtes hingegen wird, je nach den unterschiedlichen lokalen Traditionen, von Sternengruppen abgebildet, die Ähnlichkeiten mit einem Spaten, Tranbehälter oder Brustbein suggerieren. Einen Begriff für ‚Sternbild‘ gibt es bei den Inuit jedoch nicht; die Zugehörigkeit von Sternen zu einer Gruppe wird über die mit ihnen verknüpften Legenden definiert.

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Der Robbenhaut-Tranbehälter

Mehrere, in der Zeit weit zurückreichende Migrationswellen von Asien nach Amerika haben ihre mythologischen Spuren in den Vorstellungen des Sternenhimmels hinterlassen. Dazu gehört das weltweit verbreitete Motiv der Kosmischen Jagd, das überall in und um die Sterne des Orion gesehen wird. Viele Inuit sehen da in den Einzelsternen mehrere Jäger, die mit ihren Hunden und Schlitten einen Bären hetzen, sich in dieser Jagd jedoch übersteigert haben: und derart ihre Himmelfahrt erlebt haben.

Denn im Himmel landet man nicht nur, weil er so nahe scheint, sondern weil man irgendein exzessives Verhalten an den Tag gelegt oder einen Tabubruch begangen hat, was letztlich das Überleben aller gefährdet: Das stellen einem die Sternbilder nachts als Mahnmal vor Augen. Die Botschaft des Himmels drückt dabei den unerbittlichen Antagonismus von Fressen-und-gefressen-Werden aus. Das zeigt auf emblematische Art und Weise die ewige Verfolgungsjagd von Wolf und Rentier.

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Der Wolf / Das Rentier

Sonne, Mond und Planeten bei den Inuit

Bei den Inuit hat sich der Mond meist an seiner Schwester, der Sonne, Nacht für Nacht vergangen, weshalb sie sich die Brüste abgeschnitten hat. Bei den Eskimo weiter westlich wird sie jedoch als Menschenfresserin gesehen, deren Rücken skelettiert ist. Die Planeten finden, der meist schlechten atmosphärischen Bedingungen wegen, kaum Beachtung.

Literatur

John MacDonald, The Actic Sky – Inuit Astronomy, Star Lore and Legend, Toronto 1998.